Naturschutzkonzept für den Steinbruch an der Laupendahler Landstraße

Kletterverbotsschild wegen Uhu-Brut

Kletterverbote in der Brutzeit sind ein erprobtes Mittel zum Schutz des Uhus. Foto: Martin Lindner/Wikimedia; CC BY-SA 3.0

Echter Uhuschutz geht Hand in Hand mit Umweltpädagogik und gelenktem Klettern

Seit einigen Jahren hat ein Uhupaar den Steinbruch an der Laupendahler Landstraße in Essen-Werden als Brutstandort entdeckt. Doch trotz engagierter Bemühungen des NABU Ruhr kommt es bislang immer wieder zu Störungen des recht scheuen Vogels durch unbefugt dort Feiernde oder Kletternde. Die Sektion Essen hat deshalb jetzt ein Naturschutzkonzept entwickelt und möchte dieses umsetzen, das durch seine Lenkungswirkung den Uhu in der Brutzeit besser schützen soll. Grundlage dafür sind bewährte Vorgehensweisen aus zahlreichen anderen Felsregionen in ganz Deutschland.

So soll das Gelände jedes Jahr ab Ende Januar bis zur Feststellung des gewählten Brutplatzes zunächst gänzlich ungenutzt bleiben, um relevante Störungen von Uhubruten zu vermeiden. Nach erfolgter Brutplatzwahl bleibt dann der vom Uhu gewählte östliche oder gegebenenfalls der westliche Steinbruch weiterhin gesperrt, während die nicht zur Brut genutzte Steinbruchwand zur Nutzung freigegeben werden kann. Eine entsprechende Absperrung lässt sich aufgrund der örtlichen Gegebenheiten problemlos und praktikabel zwischen den beiden Steinbruchwänden einrichten, da die beiden Steinbrüche durch einen von der Oberkante herabziehenden Sporn räumlich und optisch voneinander getrennt und an dessen Fuß nur durch einen schmalen Trampelpfad miteinander verbunden sind. Nach dem Ausfliegen des Uhunachwuchses (etwa 15 Wochen nach Brutbeginn) kann dann – entsprechend den diesbezüglich bundesweit an mehreren hundert bekletterten Felsen und Steinbrüchen erfolgreich praktizierten Regelungen – auch der bis dahin gesperrte Steinbruchbereich zur klettersportlichen Nutzung freigegeben werden.

Dass dieses Konzept für ein Areal von der Größe des Werdener Steinbruchs reibungslos funktioniert, lässt sich beispielsweise in der Pfalz und in der Fränkischen Schweiz seit vielen Jahren an vergleichbar großen Felsgebieten nachvollziehen. Hinzu kommt, dass der Uhu zwar in der Brutzeit sensibel ist, doch weit flexibler als man noch vor 50 Jahren angenommen hat. So schreibt beispielsweise der NABU über Deutschlands größte Eule, „dass sich die sonst sehr störungsempfindliche Eule sogar mit dem laufenden Abbaubetrieb in Steinbrüchen arrangiert, sofern dieser nicht in ihren unmittelbaren Brutbereich eindringt.“ Wo es weder Felsen noch Steinbrüche gibt, „brütet der Uhu, der selbst keine Nester baut, überwiegend in verlassen Greifvogelhorsten. Gelegentlich brütet er auch am Boden, etwa in der Deckung eines Wurzelstocks.“3 Auch durch diese Anpassungsfähigkeit hat sich der Bestand der einst durch Bejagung und Agrarpestizide in Deutschland fast ausgerotteten Art glücklicherweise so weit erholt, dass sie nicht mehr als gefährdet gilt.

Von Seiten des DAV sind auf dem Steinbruchgelände außerdem weder bauliche Maßnahmen noch sonstige Umgestaltungen geplant, die den Natur- und Artenschutz in relevanter Art und Weise beeinträchtigen würden. Zudem soll das Gelände vollumfänglich eingezäunt bleiben, um Beeinträchtigungen des naturnahen Lebensraumes, den das Steinbruchareal bietet, durch Dritte zu vermeiden. Der Zugang soll nur für bestimmte Personen und Kleingruppen des Deutschen Alpenvereins möglich sein (insbesondere Naturschutzgruppen, Kletter- und Jugendgruppen) und auf eine naturverträgliche Anzahl von Personen begrenzt werden.

Darüber hinaus bietet der Steinbruch ein gutes Arbeitsfeld für die Umweltpädagogik: Im Rahmen von Umweltbildungsmaßnahmen können hier Kinder und Jugendliche an eines der Bildungsziele der Jugend des Alpenvereins (JDAV) herangeführt werden: „die Übernahme von Verantwortung für Natur, Umwelt und zukünftige Generationen“ (Grundsätze und Bildungsziele der Jugend des Deutschen Alpenvereins, PDF). Die Vereinsjugend der Sektion Essen möchte sich in Form eines eigenen Projektes noch eingehender mit den Belangen des Natur- und Artenschutzes sowie mit der Planung und Durchführung von Pflege-, Entwicklungs- und Artenschutzmaßnahmen vertraut machen. Geplant sind unter anderem die Anlage zweier Teiche als Laichgewässer für Amphibien, die Anbringung von Fledermauskästen und Insektenhotels sowie die Pflege der Einflugschneise des Uhus zu den Felsvorsprüngen, ohne die der Vogel dort nicht brüten würde.

Nicht zuletzt bringt eine gelenkte und daher naturverträgliche klettersportliche Nutzung des Steinbruchs an der Laupendahler Landstraße weitere Umweltschutzwirkungen mit sich: Die große Bandbreite an attraktiven Kletterrouten und Bouldern wäre eine erhebliche Bereicherung des im Ruhrgebiet ansonsten eher spärlichen Angebotes und würde dazu beitragen, dass vielfältige Autofahrten in weiter entfernte Destinationen (z.B. Sauerland, Nordeifel) unterblieben und die dortigen Klettergebiete entlastet würden.

Über den Deutschen Alpenverein

Der Deutsche Alpenverein (DAV) hat rund 1,3 Mio. Mitglieder, davon mehr als 4.000 in der Sektion Essen. Der DAV ist der erste Sportverband, der durch das Bundesumweltministerium im Jahr 2005 nach gründlicher Prüfung auch als Naturschutzverband nach dem Bundesnaturschutzgesetz anerkannt worden ist. Bei der Anerkennung begründete das Ministerium: „Der DAV hat in der Vergangenheit vielfach unter Beweis gestellt, dass er sich im Zweifelsfall für die Interessen des Naturschutzes entscheidet.“ Der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) betonte: „Die Anerkennung des DAV als Naturschutzverband setzt einen Maßstab: Nur wer als Sportverband den Naturschutz so ernst nimmt wie der Alpenverein, hat eine Chance auf Anerkennung.“ Seitdem hat der DAV in enger Abstimmung mit weiteren Naturschutzverbänden und -behörden zahlreiche Projekte im Naturschutz realisiert, darunter auch solche, die teils seit Jahrzehnten die erfolgreiche Koexistenz von Vogelschutz und Klettersport ermöglichen.